Princess Academy, Band 1 by Shannon Hale

Princess Academy, Band 1 by Shannon Hale

Autor:Shannon Hale
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Prinzessin, Mädchen, ab 10 Jahren, Fantasy-Abenteuer, märchenhaft, girl-power
Herausgeber: Ravensburger Verlag GmbH
veröffentlicht: 2017-08-23T00:00:00+00:00


Schau nur bis zu deiner Hand,

scharfes Auge, scharfer Verstand.

In den Bergen machte der Sommer jeden Tag zu einem Geschenk. Der Morgen brach früh an, die Menschen erwachten langsam, sie streckten sich genüsslich und freuten sich auf alles, was kommen würde. Olana merkte, dass die Blicke ihrer Schülerinnen häufig zu den Fenstern gingen, und so hielt sie immer öfter ihren Unterricht im Freien ab. Die Mädchen lernten die Tänze für den Ball, hüpften, schritten und wirbelten unter der warmen Sonne im Takt der Musik. Das harte Blau des Himmels schien sich nur eine Armlänge über ihren Köpfen zu wölben. Manchmal streckte sich Miri und sprang in die Höhe, wobei sie sich einbildete, beinahe mit der Hand über die glatte, abgerundete Fläche zu streichen.

Miri hatte sich noch nie so gefühlt – so leicht, dass sie mit den Wolken hätte ziehen können. Selbst Katars Sticheleien und Benas und Lianas abweisende Haltung trafen sie nicht mehr so sehr. Doters Geschichte hüllte sie schützend ein. Was sie geglaubt hatte, war nicht wahr. Die Welt hatte sich jetzt weit geöffnet und lud sie ein, die Wahrheit selbst herauszufinden.

Eines Abends, als alle Arbeit erledigt war, saß Miri mit Britta, Esa und Frid auf ihrer Matratze in der Ecke des Schlafsaals und erzählte ihnen die Geschichte ihrer Mutter.

»Wie ist es – dachtet ihr … dachtet ihr im Dorf, dass ich eine Last sei?« Miri sprach so leise, dass ihre Stimme im Kreis ihrer Freundinnen blieb. Sie wollte Katar keinen weiteren Anlass geben, sie zu piesacken. »Dass ich zu schwach sei, um im Steinbruch zu arbeiten?«

Frid runzelte die Stirn. »Niemand in Mount Eskel ist zu schwach, um im Steinbruch zu arbeiten. Ich habe einmal meine Ma sagen hören, dass dein Pa seine Gründe hat, warum er dich zu Hause lässt. Ich habe nie darüber nachgedacht.«

Miri rieb sich die Arme und lachte. »Es ist herrlich, aber schwer zu glauben. Es ist so, als hätte ich mein ganzes Leben lang gedacht, der Himmel wäre grün.«

Esa lag auf dem Bauch, das Kinn auf eine Hand gestützt. »So wie du bist, wie du immer über alles lachst und sagst, was du denkst, hätte ich nie gedacht, dass du dich darum kümmerst, was andere Leute von dir halten.«

Britta lächelte schief. »Ich muss die ganze Zeit an eine Geschichte denken, die mir mein Kindermädchen vorgelesen hat, über einen Vogel, dessen Flügel am Boden festgenagelt waren. Kennt ihr die? Am Ende, als er sich befreien kann, fliegt er so hoch, dass er zu einem Stern wird. Mein Kindermädchen sagt, wir alle haben etwas, was uns festhält. Und jetzt, da Miris Flügel frei sind, frage ich mich, was sie von nun an tun wird.«

Esa grinste. »Fliegen! Flieg, Miri, flieg davon!«

Miri schlug mit den Armen und krähte.

»Was macht ihr denn da?«, fragte Bena ärgerlich.

Die Freundinnen lachten.

Wohin soll ich fliegen?, fragte sich Miri den ganzen Sommer lang, während sie in Gedanken zwischen der Akademie und dem Dorf hin und her pendelte.

Es gefiel Olana zwar nicht, aber sie hielt sich an die Abmachung und gab den Mädchen jeweils eine Woche frei, wenn die Händler kamen.



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